RECHT SO | Interessante Urteile im Immobilienrecht
Mietrecht: Darf nicht in die Fliese gebohrt werden, so sollte das auch nicht getan werden
Wird in einem Mietvertrag per Individualvereinbarung ausdrücklich das Anbohren der Fliesen in Küche und Bad untersagt, und bohrt ein Mieter dennoch in die Fliese, ohne, dass er begründen könnte, warum nicht in die Fuge gebohrt wurde, so hat er einen Schaden an der Bausubstanz verursacht. Der Mieter hat seine Obhutspflicht verletzt und muss dem Vermieter Schadenersatz leisten. Dabei kann der Vermieter wählen, ob er vom Mieter verlangt, den Schaden zu beheben oder einen Ausgleich in Geld zu zahlen. (AG Paderborn, 51 C 135/23)
Eigentumswohnung: Bei Klimaanlagen dürfen von vornherein Auflagen bestehen
Zwar zählen Klimaanlagen nicht zu den so genannten gesetzlich privilegierten baulichen Veränderungen, für die es leichter ist, einen Einbau in eine Eigentumsanlage umzusetzen. Aber sie können durch einen Beschluss der Eigentümer gestattet werden, wenn sich eine Mehrheit dafür ausspricht. Wird ein solcher Beschluss für den Einbau einer Klimaanlage gefasst, so müssen aber auch direkt Auflagen für einen bestimmungsgemäßen Gebrauch vorgegeben werden. Es sei durch diese Auflagen von vornherein sicherzustellen, dass „der Gebrauch nicht zu Beeinträchtigungen“ führt. (LG Frankfurt am Main, 2-13 S 48/23)
Mietrecht: Eine Zerrüttung zerstört noch nicht das Mietverhältnis
Kommt es zwischen den Mietern einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus und ihren Vermietern seit mehr als zehn Jahren regelmäßig zum Streit (unter anderem wurde den Mietern vorgeworfen, sich nicht an die Hausordnung zu halten, Mülltonnen falsch zu befüllen, falsch zu parken und Lärm zu machen), so darf der Vermieter den Mietvertrag nicht fristlos wegen „Zerrüttung“ kündigen, wenn er vom Mieter angezeigt wird, weil er ihn als „Penner“ beschimpft hat. Mit dem Stellen der Strafanzeige hat sich der Mieter nicht pflichtwidrig verhalten. Eine Zerrüttung des Mietverhältnisses reiche allein grundsätzlich nicht aus, um den Mieter aus den vier Wänden zu werfen. (BGH, VIII ZR 211/22)
Steuerrecht: Auch unter Denkmalschutz ist das Grundstück nicht "0 Euro" wert
Der Vermieter eines denkmalgeschützten Gebäudes kann nicht durchsetzen, dass der Wert des Grundstücks bei der Berechnung der Abschreibung für Anschaffung (AfA) auf „0 Euro“ gesetzt wird. Seine Begründung, das Grundstück sei „nicht selbstständig verkehrsfähig“ und damit wertlos, konnte nicht durchdringen. Die Denkmaleigenschaft eines Gebäudes rechtfertigt nicht (auch nicht mit Blick auf den erforderlichen Instandhaltungsaufwand) die Abzinsung des zugehörigen Bodenwerts. Auch bei unter Denkmalschutz stehenden Objekten ist eine Kaufpreisaufteilung in Grund und Boden sowie Gebäude für AfA-Zwecke zwingend durchzuführen und nicht der gesamte Kaufpreis abschreibungsfähig. (FG Köln, 2 K 1386/20)
Eigentumswohnung: Wäschespinne und Strandkorb können "beeinträchtigen"
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat jeder Wohnungseigentümer die Pflicht, das Sondereigentum eines anderen „nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus zu beeinträchtigen“. Hat ein Eigentümer auf seiner Terrasse einen Strandkorb und eine Wäschespinne aufgestellt, so kann das eine solche Beeinträchtigung darstellen, die beseitigt werden muss. Das gelte jedenfalls dann, wenn die beiden Gegenstände aufgrund einer Glastür vom Nachbarn wahrgenommen werden. Zwar seien das keine baulichen Veränderungen. Aber sie können als „erhebliche Beeinträchtigung“ gelten und müssen als solche beseitigt werden. (AG Dortmund, 514 C 112/23)
Mietrecht: Massive Störung des Hausfriedens bringt die Kündigung
Auch wenn eine Mieterin bereits fast 80 Jahre alt ist und unter Betreuung steht, kann ihr das Mietverhältnis gekündigt werden, wenn sie den Hausfrieden massiv stört. Hier kam es zu regelmäßigen und dauerhaften Störungen der Abend- und Nachtruhe im Haus durch die Frau und ihren Sohn, der mit ihr in der Wohnung lebte. Die beiden verursachten fortwährend Lärm, indem unter anderem nachts bis zu einer Stunde gebadet und geduscht, Staub gesaugt und laut gestritten wurde. Die anderen Mieter beschwerten sich mit aussagekräftigen Lärmprotokollen, woraufhin die Mieterin mehrfach abgemahnt wurde - ohne Erfolg. Wer derart massiv die Rücksichtnahmepflicht in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr verletzt, der kann wegen Störung des Hausfriedens vor die Tür gesetzt werden. Das sozialadäquate Maß der Wohnungsnutzung war hier überschritten. (AG Hamburg, 21 C 344/24)
Betriebskosten: Miete für Rauchwarnmelder darf nicht umgelegt werden
Die Mietkosten für Rauchwarnmelder kann der Vermieter nicht als Betriebskosten auf den Mieter umlegen. Möglich sei aber eine Mieterhöhung. In dem konkreten Fall sollte der Mieter einer Wohnung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung die Mieten für die Rauchwarnmelder tragen. Das muss er nicht. Denn Anschaffungs- und Anmietkosten seien grundsätzlich keine Betriebskosten. Aber es bestehe in einem solchen Fall die Möglichkeit einer „Modernisierungsmieterhöhung“, da es sich bei der Ausstattung einer Wohnung mit Rauchmeldern um eine nachhaltige Verbesserung handele. (AG Landshut, 3 C 1511/19)
Gewerbesteuer: Auch eine "umgelegte" Grundsteuer mindert den Gewinn nicht
Auch, wenn ein gewerblicher Vermieter die Grundsteuer auf die Mieter umgelegt hat, ist sie bei der Berechnung der vom Vermieter (hier einer GmbH) zu zahlenden Gewerbesteuer dem Gewinn zuzurechnen. Die Grundsteuer wird grundsätzlich vom Eigentümer beziehungsweise dem Vermieter geschuldet. In dem konkreten Fall hatten die Mietparteien vereinbart, dass der Mieter die Grundsteuer trägt – und dafür im Gegenzug eine geringere Miete zu zahlen hatte. Zivilrechtlich kann die Grundsteuer zwar auf den Mieter überwälzt werden. Sie fließt dann aber mit in den Mietzins ein, der gewerbesteuerrechtlich (teilweise) dem Gewinn zuzurechnen ist. (BFH, III R 65/19)
Mietrecht: Auch Stromklau führt nicht zwingend zum Rauswurf
Lädt ein Mieter sein Elektroauto an einer Gemeinschaftssteckdose auf, so ist das nicht zwingend ein Grund, dem Mieter den Mietvertrag zu kündigen. Es kommt auf die näheren Umstände und die Höhe des Schadens an. Bewohnt ein Paar mit einem Kind eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus und lädt der Vater sein Plugin-Hybrid-Auto über eine Gemeinschaftssteckdose, deren Stromverbrauch im Rahmen der Betriebskostenabrechnung als Allgemeinstrom von allen Mietern gemeinsam bezahlt wird, so kann er mit diesem Verhalten zwar grundsätzlich den Hausfrieden gefährden. Der Vermieter darf aber nicht fristlos kündigen. Der Vermieter hätte zuerst eine Abmahnung aussprechen müssen - zumal der Schaden „nicht beträchtlich“ war (hier ging es um einen Schätzbetrag in Höhe von rund 40 €). Hat sich der Mann nach der Kündigung an die Regeln gehalten, eine „Kompensationszahlung“ in Höhe von 600 Euro angeboten und sich bei den Mitmietern entschuldigt, so ist nicht von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. (AG Leverkusen, 22 C 157/23)
Verwaltungsrecht: Luftbildaufnahmen von Grundstücken dürfen genutzt werden
Eine Stadt hat das Recht, digitale Orthofotos, die aus einem Flugzeug heraus von Grundstücken in der Gemeinde gemacht worden sind, zu nutzen, um festzustellen, welche Flächen wie bebaut und befestigt sind. Diese Informationen sind relevant für die Erhebung von Niederschlagswassergebühren und helfen der Kommune, ihre öffentliche Aufgabe zu erfüllen, das Abwasser zu beseitigen. Weil eine bildliche Wiedergabe von Einzelheiten des Grundstücks (oder von sich dort aufhaltenden Personen) aufgrund der geringen Auflösung der Fotos nicht gegeben ist, ist gegen die Nutzung der Bilder nichts einzuwenden. (VG Düsseldorf, 29 L 3128/24)
Steuerrecht: Nur die Schaffung von neuem Wohnraum wird gefördert
Gibt es eine "Wohnraumoffensive", mit der Baumaßnamen steuerlich gefördert werden, wenn dadurch Wohnraum für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen geschaffen wird, so hat ein Eigentümer eines vermieteten Hauses keinen Anspruch auf die steuerliche Förderung, wenn er das Haus abreißt und an selber Stelle ein Haus besseren Ausbau- und Energiestandards errichten lässt und das auch wieder vermietet. Bestehenden nutzbaren Wohnraum durch Neubauten zu ersetzen, erhöhe nicht das Wohnangebot. Daran änderten auch die Verbesserungen bei den energetischen Punkten nichts. Es handele sich um eine Sanierung und nicht um eine Schaffung von Wohnraum. Nur eine solche sollte von der "Wohnraumoffensive" gefördert werden. (FG Köln, 1 K 2206/21)