RECHT SO | Interessante Urteile im Immobilienrecht
Eigentumswohnung: Stört andere eine Barrierefreiheit nicht, darf sie gebaut werden
Auch im Rahmen von Gemeinschaftseigentumswohnungen in einem Mehrfamilienhaus gibt es ein Recht auf bauliche Veränderungen, wenn diese baulichen Maßnahmen der Barrierefreiheit dienen. In den zwei konkreten Fällen ging es um einen Fahrstuhl und eine Terrasse, die im Rahmen eines barrierefreien Umbaus eine Rampe erhalten soll. In dem ersten Fall beabsichtigten zwei Wohnungseigentümer, den Fahrstuhl selbst zu bezahlen. Im zweiten Fall wollte ein Eigentümer im Erdgeschoss eine Terrasse anlegen, die unter anderem eine Rampe als barrierefreien Zugang erhalten sollte. In beiden - wenn auch von der Ausgangssituation etwas anders gelagerten - Fällen musste die Eigentümergemeinschaft zustimmen. Eine Grenze sei erst dann überschritten, wenn die Wohnanlage „grundlegend umgestaltet“ wird oder die anderen Eigentümer „unbillig benachteiligt“ würden. Beides traf hier nicht zu. Eigentümer dürfen angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen. (BGH, V ZR 244/22 u. a.)
Steuerrecht: Erlös aus einer Zwangsversteigerung gehört nicht zwingend "zur Masse"
Hat ein Finanzamt auf eine Eigentumswohnung eines Steuerschuldners eine Zwangshypothek eintragen lassen, bevor das Insolvenzverfahren gegen den Mann eröffnet wurde, so ist der Erlös aus einer Zwangsversteigerung der Immobilie nicht zur Masseverbindlichkeit zu zählen - und demnach auch keine Einkommensteuer darauf fällig. Der Insolvenzverwalter hatte von vornherein keine Möglichkeit, das beschlagnahmte Grundstück noch selbst zu verwerten. (FG Münster, 10 K 1934/21)
Nachbarrecht: Wer große alte Bäume unerlaubt stutzt, muss dafür bezahlen
Schneidet ein Mann zwei alte Bäume auf dem Grundstück einer Nachbarin derart heftig zurück, dass nicht sicher ist, ob sie sich wieder erholen werden, so kann das eine Schadenersatzzahlung nach sich ziehen. Das gelte auch dann, wenn der Mann berechtigt war, die auf sein angrenzendes Grundstück herüberhängenden Äste zurückzuschneiden. Betritt er aber das Grundstück der Frau und kürzt er beide Bäume vollständig ein, so muss er bezahlen. Zwar werde bei der Zerstörung eines Baumes grundsätzlich kein Schadenersatz in Form von Naturalrestitution geleistet, weil sie sehr teuer und deshalb unverhältnismäßig sei. Meist muss der Schädiger „nur“ einen neuen jungen Baum pflanzen. Allerdings kann ausnahmsweise auch die komplette „Wiederbeschaffung“ der zerstörten Bäume verlangt werden. Und zwar dann, wenn „Art, Standort und Funktion des Baumes für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch einen gleichartigen Baum wenigstens nahelegen würden“. Das Landgericht wird nochmal entscheiden müssen. Es hatte lediglich 4.000 Euro zugesprochen - die Frau hatte 35.000 Euro verlangt. Schließlich ging es um einen aufwändig naturnah gestalteten Bereich, der Lebensraum für Vögel und sonstige Tiere gab und Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff umwandelte. (OLG Frankfurt am Main, 9 U 35/23)
Hauseigentum: Wird das Haus durch die "öffentliche Hand" verschmutzt, zahlt sie
Hauseigentümer dürfen erwarten, dass die Fassade des Hauses auf Kosten der öffentlichen Hand gereinigt wird, wenn Bauarbeiten an einer in der Nähe liegenden Brücke erheblich Staub aufgewühlt haben und das Haus verschmutzt wurde. Das gelte jedenfalls dann, wenn ein Fachbetrieb eingesetzt werden musste und ein Sachverständiger bestätigte, dass die Ablagerungen von den Bauarbeiten stammten. (Hier wurden dem Mann fast 6.000 € Schadenersatz zugesprochen.) (OLG Hamm, 11 U 96/21)
Schönheitsreparaturen: Bei unzulässiger Klausel muss der Vermieter die Kaution rausgeben
Regelt eine Schönheitsreparaturklausel in einem Mietvertrag unter anderem "das Streichen der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen", so ist die starre Klausel unwirksam. Die Formulierung kann so verstanden werden, dass die Fenster auch von außen gestrichen werden sollen. Das ist jedoch unzulässig. Der Vermieter darf nach dem Auszug des Mieters nicht einen Teil der Mietkaution für Maler- und Lackierarbeiten einbehalten. Der Vermieter hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Malerarbeiten, weil die Schönheitsreparaturen nicht wirksam auf den Mieter umgelegt worden waren. Der Mieter wurde durch die Formulierung „unangemessen benachteiligt“, weil nicht deutlich erkennbar war, dass die Fenster nur von innen zu streichen sind. (AG Berlin-Charlottenburg, 210 C 176/23)